Himmlische Ehen: Adam und Eva – das sind auch wir!

Dieser Artikel kann selbständig oder auch als Fortsetzung von
Das männlich-weibliche Urwesen des Menschen: Seelenpartnerschaft und erste Ehe
gelesen werden.

Zunächst gilt es, einen weit verbreiteten Irrtum auszuräumen:

Adam und Eva waren nicht die ersten Menschen. Sonst hätte ihr Sohn Kain im Gespräch mit Gott nicht die Angst bekundet, er würde von Menschen, die ihn finden, auf Grund seiner Tat, eben dass er seinen Bruder Abel erschlug, genauso totgeschlagen.

Im Übrigen nahm Kain sich eine Frau, nachdem er seine Familie verlassen hatte, was kaum hätte möglich sein können, wenn seine Eltern die ersten und einzigen Menschen gewesen wären.

Meines Erachtens zeigt Mose anhand von Adam und Eva, dieses ersten, in der Bibel erwähnten Ur-Paares auf, wie die Entwicklung bei vielen, vielleicht allen Menschen vonstatten ging:

1. Die Menschen wurden als geistiges Wesen geboren entsprechend dem göttlichen Vor-Bild; damals waren sie männlich-weiblich zugleich (vgl. Das männlich-weibliche Urwesen … )

2. In der göttlichen Liebe entwickelten sie einen physischen, materiellen Körper; auch hier waren sie zunächst männlich-weiblich als Adam, als Wesen Mensch (vgl. Das männlich-weibliche Urwesen … )

3. Der nun folgende Schritt, die Erschaffung Evas, ist in Wahrheit keine Spaltung, keine Teilung, es ist die Spiegelung des Menschen in sich: Im Weib tritt sich der Mann gegenüber, und im Mann tritt sich das Weib gegenüber. In all unseren Beziehungen spiegelt sich uns unsere gegengeschlechtliche Seite. Sie ist deshalb nicht nur ein Teil. Kein Mensch ist ein Teil oder die Hälfte eines Anderen, genauso wenig wie wir ein Teil Gottes sind … Jeder Mann ist eine Ganzheit, jede Frau ist eine Ganzheit … und dennoch suchen sich zwei …

In 1. Mose 2, 18ff heißt es:

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18 Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei (wörtlich: ich will ihm eine Hilfe schaffen als sein Gegenüber). […]

21 Da ließ Gott der HERR einen tiefen Schlaf fallen auf den Menschen, und er schlief ein. Und er nahm eine seiner Rippen und schloss die Stelle mit Fleisch. 22 Und Gott der HERR baute eine Frau aus der Rippe, die er von dem Menschen nahm, und brachte sie zu ihm. 23 Da sprach der Mensch: Das ist doch Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch; man wird sie Männin nennen, weil sie vom Manne genommen ist. 24 Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden sein ein Fleisch. 25 Und sie waren beide nackt, der Mensch und seine Frau, und schämten sich nicht.

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Warum Luther das hebräische Wort tsäla mit Rippe übersetzt hat, wird sein Geheimnis bleiben; jedenfalls heißt es genauso Seite.

Gott nahm eine Seite aus dem menschlichen Wesen Adam und formte daraus das Weib. Den Namen Eva, übersetzt die Belebte, finden wir zum ersten Mal in der Bibel erst, nachdem beide das Paradies verlassen haben. Da nennt Adam sein Weib Eva! Vorher ist von dem Weib die Rede.

Ich spreche bewusst nicht von einer Teilung des Wesens Mensch; kein lebender Mensch ist ein geteiltes Wesen, es sei denn, er reduziert sich selbst, weil er nur einen Teilaspekt seines Selbst lebt. Für mich war die Herausnahme der weiblichen Seite aus dem ursprünglich androgynen Wesen Mensch ein Akt des Bewusstseins, nicht der Teilung.

In diesem göttlichen Vorgang, der oben angesprochen wird – Gott tut dies in der Bibel, damit ist dies ein göttlicher Akt – tritt dem Wesen Mensch eine Seite von ihm selbst gegenüber, die er in der Folge ganz bewusst wahrnimmt; vielleicht ist dies sogar Voraussetzung für unsere Reise über die Erde, zu der wir nicht verdammt wurden, sondern die eine  selbstgewollte Bewusstseins-Reise ist.

Ich halte die biblische Formulierung, dass Gott Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben und dann im Grunde verflucht habe, für eine Fälschung (”ich will Feinschaft setzen zwischen dir und dem Weibe … unter Mühen sollst du Kinder gebären … verflucht sei der Acker um deinetwillen!”). Und die Mär von der Erbsünde gibt es in der Bibel ohnehin nicht in der Form, wie sie über Jahrhunderte von der Kirche verkauft wurde. Ein Gott der Liebe verdammt doch nicht seine Kinder, ein Gott der Liebe wertet – für mich ist das so – auch nicht; er lässt seinen Kindern die Freiheit zu tun, was sie wollen.

Der Sündenfall war kein Sündenfall, die Vertreibung aus dem Paradies war keine Vertreibung. Wie sonst könnten wir immer einmal wieder den Himmel auf Erden erleben … Wo ist er, wenn er wirklich ist? Doch in uns! Und wenn er in uns ist, ist er auch um uns.

In einem der schönsten Hymnen auf die Liebe, dem Hohelied der Liebe Salomos heißt es:

Nachts auf meinem Lager suchte ich den, den meine Seele liebt
denn
Mein Freund ist mein, und ich bin sein, der unter den Rosen weidet.

Diese Seite, die Gott herausnahm, diese ist es, die wir in Wahrheit ersehnen; in ihr spiegeln wir uns selbst, denn all das, was sie hat, haben auch wir; und all das, was ich bin, ist auch mit ihr.

Dies erkennend, wird uns Ganzheitlichkeit zuteil, eine Ganzheitlichkeit, die wir in Wahrheit nie verloren haben, denn wir waren und sind immer verbunden mit dem Wesen, das zu uns gehört.

Dass uns in der Dualseele ein anderes Geschlecht gegenübertritt, sollte uns nicht irritieren; auf der geistigen Ebene hat es schon immer zu uns gehört und gehört zu uns. Das scheinbar andersgeschlechtliche Wesen ist in Wahrheit Ausdruck tiefster Zusammengehörigkeit.

Sie werden ein Fleisch sein, heißt es in der Bibel.

Immer wieder finden wir auch in der Literatur Hinweise auf jenes Geschehen damals, u.a. in Ödön von Horvaths Schauspiel Der jüngste Tag.

Dort bringt der verheiratete Stationsvorsteher Hudetz die Gastwirtstocher Anna um, derentwegen er vergaß, ein Signal umzustellen, so dass mit schlimmen Folgen ein Personenzug verunglückte. Als eines Abends der Stationsvorstand noch einmal die Unglücksstelle aufsucht, begegnet ihm als Geist nicht nur der tödlich verunglückte Lokomotivführer Pokorny, sondern im Anschluss auch Anna.

In unserem Zusammenhang ist bemerkenswert, was sie sagt:

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ANNA lässt Hudetz nicht aus den Augen: Erinnerst du dich, dass ich dich beim Viadukt gefragt hab:”Erkennst Du mich wieder?”
HUDETZ leise: Ja.
ANNA: Du hast mich wiedererkannt.
HUDETZ unsicher: Das weiß ich nicht.
ANNA: Aber ich. Denn Du hast mich genauso umarmt wie damals.
HUDETZ: Wie wann?
ANNA: Wie damals, da wir fortgingen. Der Himmel war wie ein strenger Engel, wir hörten die Worte und hatten Angst, sie zu verstehen – oh, so Angst – es waren schwere Zeiten, erinnerst Du Dich?? Im Schweiße unseres Angesichts ——
HUDETZ unterbricht sie: Du warst schuld! Wer hat denn zu mir gesagt: “Nimm! Nimm!”?
ANNA: Ich.
HUDETZ: Und was hab ich getan?
ANNA lächelt: Oh, wie oft hast Du mich schon erschlagen, und wie oft wirst Du mich noch erschlagen – es tut mir schon gar nicht mehr weh – –
HUDETZ: Tut´s Dir wohl?
ANNA schrickt zusammen und starrt ihn entsetzt an. Jetzt läutet wieder das Signal …

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Die getrennte und doch gemeinsame Geschichte zweier Wesen, die zusammengehören, ist oft weit weniger romantisch, als viele denken, und Horváth kommt der Realität sehr sehr nahe. Dieser leider zu früh verstorbene Autor – er wurde in Paris von einem Baum erschlagen als er zu Fuß nach Hause ging, weil ihm ein Unglück vorausgesagt worden war – lässt Anna in ihrer Aussage, wie oft Hudetz sie schon erschlagen habe, Bezug nehmen auf Ereignisse vergangener Leben.

Manche denken, sie hätten ihr Dual, ihren wahren Seelenpartner gefunden, haben das allerdings nicht … Sie sind verliebt, aber sie sind nur verliebt in einen bestimmten Teil des Anderen, der einem Teil von ihnen selbst korrespondiert. Deshalb kann dennoch die Liebe wunderschön sein.

Und auf der Reise zu sich selbst, zu seinem wahren Urwesen, zu dem wahren Adam, der wahren Eva mag diese Beziehung eine wichtige Etappe sein.

Zudem: Wenn zwei, die zu lieben vermögen, sich finden: Warum sollten sie in ihrer Liebe nicht Erfüllung finden.

Unsere vielen Lebensläufe sind eine große Schule der Liebe. Die Heimat bleibt. Sie ist das einzig Beständige. Zu ihr finden wir. Zu unserer großen Seele, die wir einst waren und wieder sein werden. Nicht, dass wir jetzt Trümmer sind, wie Schiller schreibt, ganz im Gegenteil … aber die Sehnsucht bleibt …

Was in der Bibel geschrieben ist über Adam und Eva, das gilt für Sulamith und Salomon, den beiden Liebenden des Hoheliedes, für Tristan und Isolde, Romeo und Julia, Siegfried und Brünhilde und wie sie alle heißen, die großen Liebenden … es gilt auch für uns und unsere erste Ehe, wie ich unsere wahre Liebe genannt habe.

Fortsetzung hier
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