Hilfreiche Mythen: Der Spiegel des Perseus schützt vor festfrierenden Emotionen und todbringenden Energien!

Die Griechen haben auf unnachahmliche Weise den phaszinierenden Mythos um Perseus und Andromeda an den Himmel verlagert mittels sechs Sternbildern, ziemlich genau dem Großen Bären gegenüber, ein Himmelsgemälde, würdig des legendären Halbgottes und seiner großen Liebe, Andromeda, mit der er sich nicht hätte verbinden können, hätte er nicht die Medusa besiegt, deren todbringende Kräfte ihm dadurch zur Verfügung standen und zu helfen vermochten, auf dem Weg zu seiner Geliebten seine Widersacher auszuschalten.

Es ist ein Kennzeichen des mythischen Bewusstseinsweges, dass jene Kräfte, die man erlöst oder notfalls tötet, einem selbst zur Verfügung stehen. Die Gorgone Medusa zu enthaupten, war für Perseus eine Frage des eigenen Überlebens. Doch selbst in jenem Zustand verlor sie ihre lebensvernichtende Macht nicht

Wie phaszinierend Andromeda dagegen gewesen sein muss, können wir auch der Tatsache entnehmen, dass die Nachbargalaxie unserer Milchstraße der Andromeda-Nebel ist, und ist die unsere schon phaszinierend groß – die Milchstraße umfasst nach Schätzungen ca. 100 bis 300 Milliarden Sterne (kein Schreibfehler) – so ist der Andromeda-Nebel mit seiner Gesamtmasse von geschätzt 800 Milliarden Sonnenmassen noch einmal erheblich mächtiger. Er ist das entfernteste Himmelsereignis, das man mit bloßem Auge regelmäßig erkennen kann; zu finden ist er in klaren Nächten im Sternbild Andromeda, Millionen Lichtjahre von uns entfernt – und dennoch so nah.

Diese Dimensionen mögen vermitteln, wie kraftvoll der Spiegel des Perseus gewesen sein mag und heute noch ist, abhängig davon, was wir ihm zutrauen, ob wir ihm vertrauen, ihn angemessen einsetzen und wieviel Energie wir ihm auf diesem Weg zu geben vermögen.

Perseus ist einer der Urgestalten des mythischen und unseres inneren Kosmos, durchaus auf einer Ebene mit Herakles, dessen 12 Taten sich bekanntlich in unseren Horoskop-Zeichen widerspiegeln, an deren Einfluss auf unsere Seele der eine glaubt, der andere nicht, in Bezug auf die Paracelsus jedenfalls meinte, dass es gälte, den Himmel in uns zu reinigen, was nichts anderes bedeutet, als auf der Reise zu unserem Selbst Meister himmlischer Einflüsse zu sein, also die Einflüsse der Sternzeichen im Sinne unserer seelischen Entwicklung einsetzen zu können.

Kein Zufall, dass wir auch bei Perseus ein Ausgesetzt-Sein auf den Wassern, wie wir es von Mose kennen, finden. Dem Großvater des Perseus war geweissagt worden, er selbst werde keinen Sohn haben, aber das Kind seiner Tochter Danae werde ihn töten. Deshalb sperrte er diese in ein unterirdisches Gemach, das er im inneren Geviert seines Hauses hatte anlegen lassen,  damit sie keinen Mann fände. Zeus, wie so oft verliebt, dieses Mal in diese junge Dame, verwandelte sich in einen goldenen Regen und drang als solcher in das unzugängliche Gemach ein. So vermochte Zeus Danae zu schwängern. Als Akrisios eines Tages das Jauchzen des Knaben vernahm, tötete er die Wärterin, die beider Leben  über eine lange Zeit hin ermöglicht hatte; gerade noch, dass  Danae mit ihren Sohn an den Altar des Zeus flüchten konnte, wo der Vater ihr nichts anzuhaben vermochte. Allein, jener glaubte der Tochter nicht, dass der Knabe ein Kind des Zeus sei; lediglich darauf ließ er sich ein, beide, eingeschlossen in einen Kasten auf hoher See auszusetzen, ihren sicheren Tod annehmend. Doch Zeus hielt seine Hand über beide und sorgte für ihre Rettung, indem Diktys, der eben vor der Insel Seriphos  fischte, den treibenden Kasten erspähte und sich seiner annahm. Sein Bruder mit Namen Polydektes, der Herrscher der Insel,  hatte baldigst ein Auge auf Danae geworfen, nur verweigerte sich jene ihm standhaft Jahr für Jahr.

Anlässlich eines Festes, das er veranstaltete und wozu jeder Teilnehmer eine Gabe mitbringen sollte, vermaß sich ihr Sohn Perseus voller Übermut zu behaupten, er werde Polydektes das Haupt der Gorgo als Geschenk bringen. Der König nun bestand darauf, dass der Jüngling sein Versprechen erfülle, ansonsten zwänge er seine Mutter zur Ehe.

Die Medusa zu besiegen war jedoch so gut wie unmöglich. Zwar war sie die einzige Sterbliche unter den drei Gorgonenschwestern, aber alle drei waren nicht nur abgrundtief hässlich, geflügelt, schlangenhaarig und hassten die Menschen zutiefst, sondern jeder, der sie ansah, versteinerte augenblicklich.

Medusa, die Sterbliche unter ihnen, soll ursprünglich im Übrigen eine schöne Frau gewesen sein, wurden doch ihre schönen Wangen gerühmt und war sie doch von Poseidon, der ihr auf weicher Wiese und in Frühlingsblumen gebettet beigewohnt hatte, schwanger. Doch nun war sie die Schreckenblickende.

Seelisch gesehen mag sie nach außen hin blühenden Frauen gleichen, die ein Schicksalsschlag verhärmt oder ein entsprechend bewertetes Erlebnis so hat werden lassen, dass sie innerlich versteinerten, so dass sie alles, was sich ihnen nähert, ebenfalls versteinern, alles erstarren, alle Gefühle und Blicke zu Stein werden lassen. Immer wieder geschieht es leider, dass Menschen Menschen begegnen und  zu spät merken, welcher Einfluss von jemandem ausgeht. Weil etws Äußeres blendet.

So wird mancher Menschen kennen, deren Schönheit einer Erinnerung gleicht, die den ein oder anderen verführen mag, ihr zu vertrauen; er täte besser daran, vor ihr zu fliehen, es sei denn, ihm wird göttliche Hilfe zu Teil und die Hilfe der Nereiden, der nymphengestaltigen Töchter des Poseidon. Was einem von ihnen – und Perseus erhielt es – zuteil zu werden vermag:

  • ihre Hadeskappe, die Nacht um jeden zu breiten vermag, der sie sich über das Haupt stülpt;
  • ihre Flügelschuhe (man kann zu den Gorgonen ohnehin nur durch die Lüfte gelangen) und
  • einen sicheren Beutel, um das Haupt der Medusa ohne Gefahr für das eigene Leben zu transportieren.

Man braucht, um Seelisches durchzustehen – und diese mythischen Ereignisse und Gegenstände symbolisieren ja Seelisches – die Fähigkeit, sein wahres Sein in der Nacht, in für den Gegenüber Unbewusstem zu verstecken, man bedarf der Fähigkeit, mit dem Element der Luft umzugehen, das heißt, mental überlegen zu sein, und man bedarf eines göttlichen Behälters, indem man etwas, so gefährlich wie radioaktives Material, von einem Ort zum andern bringen kann.

Den Weg zu den Nereiden hatten Perseus die Töchter des Phorkys, dem Vater dieser entsetzlichen Ungeheuer gewiesen, denen unser Held, wissend, dass diese drei Grauen genannten Weiber gemeinsam nur ein Auge und einen Zahn besaßen, die sie sich wechselweise ausliehen, diese aparten Körperteile wegnahm und auf diese Weise den Weg zu den Nereiden erpresste.

Schlussendlich aber bedurfte er der Hilfe der Götter, vor allem wohl Athenes, die ihm erklärten, wie allein er die Medusa besiegen könne.

Offensichtlich wird jedoch, dass, wie so oft in den Mythen und dem menschlichen Leben, ein weiblicher oder männlicher Held nicht ohne Weiteres in eine Prüfung geworfen wird, sondern, was er vorher zu bestehen hat, ihm die Kraft gibt, Großes zu leisten. Bedauerlich, dass manches Menschenkind über Schicksalsschläge jammert  und damit den Weg der Götter torpediert, die ihn ausersehen wollten, auf Großes vorbereitet zu sein.

Die Hinweise jedenfalls, die Perseus von den Göttern erhielt, sind auch für uns Hinweise, wie wir mit Medusen und Menschen, die unsere Emotionen einfrieren können, umgehen sollten:

Sie sagten Perseus, er solle die Gorgonen in seinem blanken Schild, der wie ein Spiegel glänzte, beobachten, fixieren und dann Medusa mit einem Streich das Haupt abtrennen.

Das setzt voraus, dass unser Rüstzeug gepflegt ist. Mit einem verstaubten Schild sind wir nicht in der Lage, Großes zu leisten. Ohne Hadeskappe, ohne Flügelschuhe, ohne ein entsprechendes Behältnis auch nicht.

Perseus nun nähert sich den schrecklich-scheußlichen Schwestern und schlägt der Medusa das Haupt ab.

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Das Haupt der Medusa (Leonardo da Vinci)

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Noch im Tode glaubt man ihr anzusehen, wie schön sie eigentlich hätte sein sollen und welche Faszination von ihr auszugehen vermochte, eine Faszination, mit der sie den Blick auch derer, die glaubten, sie nicht ansehen zu müssen, magisch anzog und damit zu deren letztem machte.

Die Tat und das Vorgehen des Perseus mag uns eine große Hilfe sein, wie wir mit Vergleichbarem umzugehen haben:

Wenn wir erkennen, welche Macht das Böse hat und dass es uns zu überfordern droht, blicken wir es nicht direkt an, sondern nehmen  den Spiegel des Perseus (oder unseren eigenen), spiegeln unser Gegenüber bzw. das Böse darin und tun  dann, was notwendig ist. Das können Worte sein, die wie ein Schwert wirken, eingedenk des Jesus-Wortes: Ich bin nicht gekommen, Frieden zu stiften, sondern das Schwert.

Den gespiegelten Gegner jedenfalls bekämpfen wir mit dem Schwert, wie auch immer.

Dies ist ein Akt der Vorstellung, des Bewusstseins.

Es ist die Magie der Mythe, die in uns wirkt.

Medusen können sehr schön sein, Vorsicht vor Ihnen. Es sind Facetten, die eine Frau in sich hat bzw. haben mag, die sehr dominant werden und sein können, und es sind bei Männern die Anima-Gestalten im Inneren eines Mannes, die sich in seinen Beziehungen zu Frauen spiegeln können.

Wer Gewalt über diese Medusen hat, den können Sie zu seiner wahren Frau führen oder zum wahren weiblichen Kern.

Der Mythos von Perseus ist hier allerdings noch nicht zu Ende.

Auf dem Flug in seine Heimat entdeckt er eine wunderschöne Frau, an einen Felsen gefesselt. Weil ihre Mutter Kassiopeia voller Übermut die eigene Schönheit mit der der Töchter des Poseidon verglichen hatte,  hatte sie den Herrscher der Meere aufs schwerste erzürnt und dieser hatte ein Meeresungeheuer gesandt, welches das Land verwüstete. Nur zu besänftigen war es durch das Opfer einer Jungfrau. Diese Jungfrau war Andromeda, die Tochter Kassiopeias – auch sie nun ein Sternbild.

Perseus erfährt von Andromeda ihr Schicksal, und als das Ungeheuer kommt, kämpft er für sie und wäre womöglich unterlegen, denn das Ungetüm schleuderte gewaltige Massen, die die Nymphenflügel des Perseus durchnässten, doch zieht er im letzten Moment das Haupt der Medusa, es dem Ungeheuer vorhaltend und besiegt auf diese Weise das sich versteinernde Tier.

Der Sagenkreis ist damit nicht ausgeschöpft, doch verlassen wir ihn hier, uns bei den griechischen Dramatikern Sophokles und Euripides bedankend, die in ihren Stücken dieses Menschheitsdrama uns erhalten haben. Sie haben uns damit einen Weg gewiesen, in schwierigen Situationen mit dem, was uns begegnet, umgehen zu können. Sie haben uns darauf verwiesen, dass Lebenskrisen nicht Geschehnisse sind, die uns Kräfte rauben, sondern im Gegenteil, unsere Aura stark machen und unsere Seele sehend und verstehend machen für Ereignisse, die uns begegnen, die uns vielleicht sogar nur vorbereiten für das, was wir uns vor dem Leben Großes vorgenommen haben.

Bleibt noch zu erwähnen, dass für den Großvater Akrisios sich das Orakel erfüllte  und er tatsächlich durch die Hand seines Enkels, also Perseus, starb, als dessen Diskus anlässlich eines Sportwettkampfes ihn am Fuße traf und diese Verletzung ihn dahinsiechen ließ, bis er seinem Leiden erlag.

Mythen raten uns, die zu bewundern, die leiden dürfen.

Perseus verlebte, so viel sei noch gesagt, mit seiner Andromeda, die ihm zahlreiche Söhne und Töchter gebar, noch viele glückliche Jahre.

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