Eine wahrlich magische Stelle in der Weltliteratur findet sich – wie sollte es anders sein – in Goethes Faust I.
Als das magische Ritual und damit die Beschwörung des Erdgeistes gelingt und jener auftaucht, ist Faust durch dessen Ausstrahlung und Intensität völlig überfordert: „Weh! Ich ertrag dich nicht!“
Jener Erdgeist ist uns kein Unbekannter. Im Werk von Giordano Bruno (1548-1600) taucht er als anima terrae, als Seele der Erde auf, und bei Paracelsus (1493-1541) finden wir einen archeus terrae, also einen (Welt-)Geist der Erde.
Gerade will Faust – der Erdgeist hat soeben beruhigend gesprochen – sich diesem Wesen anbiedernd nahen, da spricht jener – und daraufhin wird er sofort entschwinden – obige Worte:
Nicht mir!
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Was später Faust zum Verhängnis werden wird, dass nämlich sein Streben nach Erkenntnis kein Maß und Ziel kennt, deutet sich hier schon an, wenn er dem Erdgeist nachruft: „Und nicht einmal dir!“
Welch eine Hybris – welch ein geistiger Übermut!
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Da klopft es.
Und herein durch die Türe tritt Wagner, ein alternder wissenschaftlicher Assistent des Universitätswissenschaftlers Faust, den dieser gar nicht sonderlich mag, geht er ihm doch mit seiner devoten Haltung auf den Keks, und nicht zufällig bezeichnet ihn Faust als trockenen Schleicher. Angetan ist jener zudem mit einer Schlafmütze, noch eine Lampe in der Hand … der Biedermann in Person, ein deutscher Michel.
Faust ist stinkesauer, dass dieser trockene Schleicher ihn stören muss mitten in der Fülle seiner so hehren Gesichte.
Ziemlich überheblich wirkt Herr Doktor Faustus, und vielleicht gerade deshalb hat er seine Lektion nicht gelernt, die ihm der Erdgeist mit auf den Weg gab, ja, in Wirklichkeit hat er nicht einmal erkannt dass es FÜR IHN etwas zu lernen gab.
Just in dem Moment, als dieses hohe Wesen, der Erdgeist also, unseren Faust in die Schranken verweist durch eben jenen oben angeführten Satz – Du gleichst dem Geist, den begreifst, / Nicht mir! … – taucht sein biederer Famulus auf.
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Das ist in Wahrheit jener Geist, den Faust begreift.
Dies wollte ihm der Erdgeist vermitteln:
Diesen, deinen Famulus begreifst Du, mich nicht!
In Wirklichkeit bist Du nicht weiter als er, obwohl du dich auf eine Stufe mit mir stellst!
Kapier das, Du bist nicht der, für den Du Dich hältst!
Ein bisschen mehr Bescheidenheit, also Demut bitte!
Am besten hätte Faust die Lampe seines Famulus, seines Dieners übernommen, damit sie ihn erleuchte.
So, ohne Selbsterkenntnis, schlafmützig selbstgefällig, wie er war, wäre ihm auch dessen Schlafmütze gut zu Gesicht gestanden.
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Manches Mal kommt die Lernlektion einfach durch die Tür.
Das ist die wahre Magie, die Magie der Realität.
Wenn wir sie entschleiern, sehen wir Wahres über uns.
Dann können wir uns abwenden oder auf uns zugehen.
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** Das Motiv der Lampe, die man selbst in die Hand nimmt, findet sich auch in Kafkas Prozess im Rahmen der Türhüterlegende
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Erhabner Geist, du gabst mir, gabst mir alles,
Warum ich bat. Du hast mir nicht umsonst
Dein Angesicht im Feuer zugewendet.
Gabst mir die herrliche Natur zum Königreich,
Kraft, sie zu fühlen, zu genießen. Nicht
Kalt staunenden Besuch erlaubst du nur,
Vergönnest mir, in ihre tiefe Brust,
Wie in den Busen eines Freunds, zu schauen…