Vier Frauen für ein Hallelujah (Teil II)

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Zumindest zwei der vier Frauen zeigten hohen Mut, Fehlverhalten auch höchster Kreise anzuprangern.
Sie hätten einem Putin gesagt, wieviel Blut an seinen Händen klebt, indem er einen Vielfach-Mörder am eigenen Volk mordbombend reinthronisiert und in der Ost-Ukraine Unglück und Tod stiftet. Sie hätten Merkel für den unmoralischen Knebelvertrag, das Abkommen von Dublin, und für ihre bekannt lausige Weise, sich um eine klare Verurteilung eines Völkermordes zu drücken, zur Rede gestellt.

Fakt ist, dass es eine für die letzten Jahrzehnte seit Genscher typische Art deutscher Außenpolitik ist, (steinm)eiernd durch die Welt zu reisen, ohne in der Öffentlichkeit sich dezidiert zu Menschenrechtsverbrechen, die die Potentaten diverser Nationen begehen, zu äußern. Das betrifft im Übrigen nicht nur Putin, sondern auch die hehre NATO  und ihe in Aleppo gefangengenommenen Offiziere.

Verbrecherisches und unmenschliches Verhalten muss in einem jeden Fall ans Licht der Öffentlichkeit und es muss vor allem auch beim Namen genannt werden, damit es seiner Energien beraubt wird. Jedem auf der Erde sollte klar sein, dass der Handschlag gewisser Leute immer ein Handschlag mit blutiger Hand ist.

Stattdessen aber beliefert die Bundesrepublik seit langem Staaten mit Waffen, die den Terror unterstützen wie Saudi Arabien (15 der 19 an den Angriffen des 11. September beteiligten Terroristen waren Saudis). Da behindert offensichtlich kein C eine DU oder eine SU, schon gar nicht ein S eine PD.

Nur ist es besonders schändlich, wenn das C sogenannter christlicher Parteien als Tarnkappe für die Unterstützung von Krieg und Terrorismus dient.  – Und sie wissen, was sie tun.

Wer Täterschaft nicht offenlegt, wird zum geistigen Mittäter. Es ist traurig, welch verschwurbelten Politikstil Deutschland mittlerweile zelebriert. Das wird für die Zukunft unseres Landes nicht ohne Folgen bleiben. Nicht nur, was der Mensch, sondern auch, was ein Staat sät, wird er ernten.

Schade, dass es eine Hildegard von Bingen nicht mehr gibt,

die trotz ihres ursprünglich freundschaftlichen Verhältnisses zu Friedrich Barbarossa ihm gegenüber immer schärfere Töne wegen dessen papstfeindlicher Haltung anschlug.

Immer wieder konfrontierte sie die Großen der Politik und Kirche mit deren Verfehlungen. Im Streit zwischen Papsttum und Kaisertum, in dem die deutschen Bischöfe gegen Papst Hadrian IV. und später Alexander III. Stellung bezogen hatten, tadelte sie mehrfach den hohen Klerus und, wie erwähnt, selbst den Kaiser. Auch der Papst musste es sich gefallen lassen, von ihr zu hören, dass er der Gerechtigkeit zu dienen habe.

Vielleicht würde sie heute fordern, dass ein George Bush – mit einem Normalbürger hätte man das schon längst getan – wegen Mordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt wird, angeklagt im Gefolge jener Schandtat, den Irak-Krieg mittels bewusst gefälschter Dokumente  auf den Weg gebracht zu haben mit den schrecklichen Konsequenzen, die wir bis heute erleben und die uns – das sind nun einmal die Ergebnisse solchen Tuns – in den teuflischen Ungeheuern des IS entgegentreten und in den nach Geheimdienstinformationen mittlerweile 400 IS-Soldaten, die europaweit unterwegs sein sollen, um diesen Kontinent ins Herz zu treffen .

Warum dürfen sich Politiker erlauben, was Bürger nicht dürfen? Zahlt Bush für ein einziges Terroropfer? Hat er nicht vor allem seiner Familie, die dick in obskuren Geschäften steckt, diesbezügliche Quellen im Irak sichern wollen („der Irak ist zum Tummelplatz des internationalen Terrorismus geworden, nachdem George Bush die Freiheit dorthin brachte.“)?

Hildegard wusste um ihren Auftrag Posaune Gottes zu sein: Tu kund die Wunder, die du erfährst. Schreibe sie auf und sprich!

Sie scheute keine strapaziöse Reise – obwohl sie von Kindheit an eine schwächliche Konstitution hatte – und reiste nach Mainz, Würzburg, Bamberg, Wertheim, Kitzingen, in den Steigerwald und in den Hunsrück, nach Trier, nach Metz, nach Zabern, nach Alzey, nach Maulbronn, Zwiefalten, Hirsau, Andernach und Koblenz, um Äbtissinnen und Äbte, wenn in deren Klöstern einiges aus dem Ruder lief, gemäß ihres inneren Auftrags Verweise zu erteilen. Wiederholt predigte sie auf ihren Reisen öffentlich, auch in den großen Domen, so in Köln, wo sie ihre wohl berühmteste Predigt hielt.

Bekanntlich schrieb sie auch das erste systematische Werk über Naturheilkunde, gründete zwei Klöster und führte sie auf eine Weise, dass sie, so schreibt Rosa Termolen in ihrer lesenswerten Einleitung zu Scivias (Wisse die Wege) „weithin als Mustergüter galten“. Sie dichtete und komponierte und gerade in den letzten Jahrzehnten wurden immer wieder Tonträger mit ihren Liedern und Gesängen veröffentlicht.

Als Papst Eugen III. im Dom zu Trier Teile ihres Buches Scivias den an der Synode zu Trier teilnehmenden Klerikern vorliest, zu denen auch Bernhard von Clairvaux gehörte, ist er so beeindruckt, dass er sie auffordert, weiterhin alles niederzuschreiben, was der Heilige Geist ihr mitteilt.

Das hindert den Klerus von Mainz nicht, gegen Hildegard vorzugehen, weil sie sich der Forderung widersetzt, einen Adligen zu exhumieren, dem die Exkommunikation drohte und der in ihrem Kloster begraben worden war, nachdem er die Sterbesakramente erhalten hatte, und die Leiche aus dem Friedhof zu entfernen. Hildegard verweist darauf, dass er im Frieden mit der Kirche gestorben sei. Über das Kloster jedoch wird das Interdikt verhängt, eine kaum überbietbare Strafe, beinhaltet sie doch das Verbot aller gottesdienstlicher Handlungen. Hildegard wendet sich zwar erfolgreich an den Erzbischof von Mainz, aber die Anstrengungen mögen für sie zu groß gewesen sein. Sie stirbt mit 81 Jahren.

Gehorsam bedeutet zu wissen, zu wem man gehört!

Beeindruckend in ihrem letzten Buch Liber divinorum operum, dem Buch vom Wirken Gottes, an dem sie, wie schon am Liber Scivias über 10 Jahre geschrieben hatte, sind ihre Ausführungen zur biblischen Schöpfungsgeschichte. Ihre Worte lassen deutlich werden, dass für die ihr übermittelte Sicht die Schöpfungsgeschichte nicht abgeschlossen ist, sondern diese sich zugleich auf den Menschen bezieht, der sich also mitten im Schöpfungsvorgang, im Vorgang der Entwicklung hin zu vollkommener Tugendhaftigkeit befindet. Hildegard vermittelt, dass die Schöpfungsgeschichte keinen abgeschlossenen Vorgang darstellt, sondern der Mensch sein Werden hin zu wahrem Menschsein erst zu vollenden hat.

Im Rahmen der vorausgehenden Schöpfungs-Weltentage sind die Entwicklungsschritte klar erkennbar und viele Textstellen gewinnen im Rahmen dieser gewaltigen kosmischen Theologie Hildegards eine Dimension des wie oben, so unten (Hermes Trismegistos), des wie im Himmel, so auf Erden.

Kein Zufall, dass Hildegard dem 6. Schöpfungstag die Tugend des Gehorsams zuordnet.

Gehorsam ist so wertvoll wie nie, denn nur wer gehorsam ist, weiß – das beinhaltet übrigens auch die etymologische Urheberschaft des Wortes -, wohin er gehört.

Hildegards inspirierte Worte machen die Verantwortung deutlich, die wir als Menschen uns selbst gegenüber und dem Gesamtgeschehen haben. Die Offenbarung des Johannes, in der ja ebenfalls immer wieder die Siebenzahl eine so große Rolle spielt und die sich zum Teil auch auf ebensolche Zeiträume bezieht, wie das für die Schöpfungsgeschichte, ihre Weltentage also gilt, macht deutlich, dass es nicht folgenlos ist, mal geschwind ein oder mehrere Leben lang wider bessere Erkenntnismöglichkeit die eigene Entwicklung zu blockieren.

Man kann das tun. – Gewiss nicht ohne Folgen. – Im Grunde aber ist man dann nicht einmal des elementarsten Bewusstseins, um menschliches Leben zu verstehen, mächtig.

Das wird gerade auf dem Hintergrund des Schöpfungsverständnisses von Hildegard deutlich, denn dieses Verständnis basiert von seinem ersten Tag an auf dem Bewusstsein von Himmel und Erde, dem Himmel, wie sie schreibt, als der lucida materia, dem Urzustand also, der mit göttlichem Licht durchtränkt ist, und der Erde, der turbulenta materia, dem Tohuwabohu (hebräisch tōhu wā-bōhu), dem verworrenen Urstoff.

Diese Erde also, die wüst und leer ist, wie Luther übersetzt, womit auch ihr Bewusstseinszustand charakterisiert ist und die Hildegard als eine große Leere bezeichnet, ist, so ihre Ausführungen zum ersten Schöpfungstag, die Nacht des Verderbens, die mit dem Teufel, dem Vater des Menschenmordes anbrach. – Auf den Sturz Luzifers und den ungezählter Engel, der dem großen Schöpfungsgeschehen vorausging, geht sie vorab ein.

Wenn jemand meint, himmellos existieren zu können, dann, wie gesagt, hat er nicht einmal das Wissen des ersten Schöpfungstages, mag er sich intellektuell noch so aufplustern und Turbulenzen politischer, intellektueller oder auch medialer Art erzeugen. Diese entsprechen seinem Bewusstseins-Niveau. Kein Wunder also, was wir tagtäglich politisch, intellektuell und medial erleben.

Hildegard von Bingen ist selten als Äbtissin bezeichnet worden, immer wieder aber u.a. als Lehrerin. Das ist sie: eine große Lehrerin auf vielen Gebieten.

Mechthild von Magdeburg schrieb in deutscher Sprache!

Hildegard hat Mechthild von Magdeburg, wenn auch nicht persönlich, gekannt. Wenn Roswitha von Gandersheim die erste deutsche Dichterin war, so ist Mechthild jene Mystikerin, die die erste geistlich-mystische Schrift verfasst hat.

Zu ihrer Zeit war die Landschaft der Bistümer von Halberstadt und Magdeburg übersät von Burgen. Auf einer dieser Burgen, vermutlich in der Nähe Magdeburgs, muss Mechthild 1207/1210 in eine ritterliche Burgmannenfamilie hineingeboren worden sein, zeigt doch ihr Werk immer wieder eine genauere Kenntnis der ritterlichen Welt und von höfischen Sitten und Gebräuchen; so nimmt es nicht Wunder, dass sie das geistliche Leben einem Ritterturnier in vollen Waffen vergleicht.

Mechthild lebte in einer Zeit, in der selbst der katholischen Kirche die Anzahl der Heiligen zu hoch wurde; es gab förmlich Heiligkeitswellen; noch dazu gab es zahlreiche fromme Frauen, die unter dem Namen der Beginen in die Geschichte eingingen. Die solchermaßen Bezeichneten gehörten keinem Orden an, lebten in Gemeinschaften, sogenannten Beginenhöfen zusammen und legten Wert auf ein Leben in der Nachfolge Christi. Oft verdingten sie sich, z.B. als Wollkämmerinnen oder für ähnliche Tätigkeiten, taten Werke der Nächstenliebe, ja, leiteten sogar Schulen wie in Antwerpen und Brüssel. Nicht wenige waren hochgebildet. Bisweilen allerdings wurden sie auch übel verleumdet und es wurde übelst mit ihnen umgegangen. So wurden sie Anfang des 14. Jahrhunderts im Rahmen der Toulouser Inquisition eingemauert oder verbrannt.

Mechthild selbst war über lange Zeit eine Begine.

Wir hätten Das fließende Licht der Gottheit, Mechthilds Werk, vielleicht nie kennengelernt, denn Demut und Bescheidenheit war einer der Wesenszüge vieler dieser Frauen und Mechthild hat 30 Jahre lang  ihre mystischen Erfahrungen verschwiegen. Wir verdanken es ihrem Beichtvater, dem Dominikaner Heinrich von Halle, dass sie sich dazu entschließen konnte, die Geschenke des fließenden Lichtes zu veröffentlichen. Sie zeichnen sich durch eine hohe dichterische Kraft aus und durch eine eindrucksvolle metaphorische Sprache. Immer wieder finden wir das Bild des Adlers, das des Berges oder es wird die mystische Gotteserfahrung im Bild des Taus erfasst. Besonders eindrucksvoll ist gewiss das des Brunnens, auch deshalb, weil Mechthild liebevoll von ihrem Gott als ihrem fließenden Brunnen spricht.

Doch nicht nur ihre Metaphorik, überhaupt die Breite der von ihr verwendeten dichterischen Mittel und unterschiedlichen Stilebenen machen ihr Buch für einen der Mystik Aufgeschlossenen und literarisch Interessierten zu einer eindrucksvollen Lektüre. Immer wieder wechseln Prosaabschnitte mit lyrischen Zeilen, oft voller Inbrunst und gereimt:.

Wird ein Mensch zu einer Stund
von wahrer Liebe gänzlich wund,
so wird er nie mehr recht gesund,
er küsse denn denselben Mund,
der seine Seele machte wund.

auch sentenzenhaft und ungereimt.

Die Seele ist grundlos im Verlangen,
brennend in der Liebe,
freundlich in der Anwesenheit,
ein Spiegel der Welt,
bescheiden in der Größe,
getreu in der Hilfe,
gesammelt in Gott.

oder in Prosa, hier aus dem VI. der sieben Büchern des Fließenden Lichtes:

(…) Wenn die Brüder oder Schwestern deines Konvents dir Ehre bieten, sollst du dich innerlich in scharfer Wachsamkeit deines Herzens fürchten und sollst dich äußerlich in vornehmer Zurückhaltung schämen. Alle Klagen sollst du barmherzig anhören und jeden Rat getreulich erteilen.
Wollen deine Brüder hoch hinausbauen, dann wende dieses in heiliger Weise um und sage: „Eia, vielliebe Brüder, wir wollen der heiligen Dreifaltigkeit einen wundervollen Palast in unserer Seele  mit dem Holze der Heiligen Schrift und mit den Steinen der edlen Tugenden erbauen.

Mechthild war sich wohl bewusst, worin die größte Gefahr für ihre zahlreichen Brüder und Schwestern besteht. Sie nennt die folgende Von allen Sünden die schlimmste (…) Der hochmütige Feind hat unwissende Menschen damit betrogen. Sie tun so heilig, dass sie vorgeben, sich in die ewige Gottheit zu erheben und bei der ewigen Menschheit unseres Herrn Jesus Christus zu sein. Wenn sie im Hochmut landen, verfallen sie dem ewigen Fluch. Sie wollen aber die Heiligsten sein und verhöhnen die Worte Gottes, die über die Menschheit unseres Herrn geschrieben sind.

Glauben kann unehrlich sein und Mechthild war sich bewusst, wie sehr es auch ein spirituelles Ego gibt, das sich manche, wenn nicht viele, zu nahezu Heiligen stilisieren lässt.

Wer so schonungslos offen und unbequem mahnend, wie das Mechthild – Hildegard ganz und gar vergleichbar – tut, sich immer wieder zu Wort meldet, Missstände innerhalb des Ordensklerus sehr deutlich anprangert und zudem dichterisch gekonnt zu schreiben vermag, erregt Aufsehen und hat, das lässt sich denken, Neider beiderlei Geschlechts. Verfolgung, Giftpfeile, Gemeinheiten und Bosheiten wie, dass man ihre Aufzeichnungen als Phantastereien verspottet, bleiben nicht aus.

Das mag sie veranlasst haben, sich – mittlerweile ist sie sechzig Jahre – den Schwestern des Zisterzienserklosters Helfta anzuschließen. Gewiss hat sie einen segensreichen Einfluss gehabt; die geistigen Einflüsse des Fließenden Lichtes der Gottheit sind bei der späterhin als Gertrud die Große bekannten Mitschwester wie auch bei Mechthild von Hakeborn deutlich bemerkbar.

Doch auch Mechthild selbst, die sich als ungelehrt und unwissend bezeichnete, mag Gewinn von einer Gemeinschaft von Frauen gehabt haben, die sehr bewusst sich Schriften von Augustinus, Hieronymus, Gregor von Nyssa, Bernhard von Clairvaux und anderen widmeten. Beeindruckend, wie sehr – im Übrigen für die damalige Zeit keineswegs ungewöhnlich – gerade Frauen auf Bildung Wert legten. Nicht von ungefähr war der Wahlspruch der Äbtissin Gertrud von Hakeborn: Wenn der Eifer für die Wissenschaft verlorengeht, so wird auch die Pflege der Wissenschaft aufhören.

In Helfta fügt Mechthild ihren bisherigen sechs Bücher des Fließenden Lichtes noch ein 7.  hinzu und stirbt, von ihren Schwestern und auch Außenstehenden, denen sie oft eine geschätzte Ratgeberin war, hoch verehrt, erblindet und hochbetagt. Über ihr Todesjahr besteht, ähnlich dem Geburtsjahr, Uneinigkeit (1282/1294).

Im ersten Teil meiner Ausführungen habe ich die Redewendung vom dunklen Mittelalter in ihrer Einseitigkeit in Abrede gestellt; natürlich aber ist es so, dass auch diese Zeit wie alle vor ihr und nach ihr viele dunkle Seiten hat; dazu muss man nicht einmal Band 6 und 7 von Karlheinz Deschners Kriminalgeschichte des Christentums studieren. Viel mehr als manchen unserer Zeitgenossen war den Frauen hier bewusst, wie dunkel die Erde und die Seelen der Menschen sein können. Doch mit einem Mut, der nicht aus Aggression, Neid oder Machtgelüste gespeist ist, sondern dessen Basis in Wahrheit Sanftmut ist, zogen sie gegen dieses Dunkel zu Feld. Ihnen wäre eine Art von Politik, die sich Diplomatie nennt und im Grunde mit dem Dunklen gemeine Sache macht, ein Dorn im Auge gewesen.

Mit 4 Jahren zur Ehe versprochen

Gern hätte ich mich der vierten von mir ausgewählten Frau, Elisabeth von Thüringen, ausführlicher noch gewidmet. In meiner den Filmtitel 4 Fäuste für ein Hallelujah glossierenden Überschrift, ist sie die vierte Frau, der ich viel Wertschätzung entgegenbringe.

Es war ja damals keineswegs ungewöhnlich, dass man sie mit ihrem späteren Gatten Ludwig von Thüringen, dem sie mit 14 Jahren vermählt wurde und drei Kinder gebar, ab dem vierten Lebensjahr aufwachsen ließ.

Ihre Leidenszeit beginnt mit 20 Jahren, als ihr geliebter Gatte auf dem fünften Kreuzzug, der unter Friedrich II. zustandekommt und dessentwegen er sich, um die Teilnahme an ihm finanzieren zu können, hoch verschulden musste, stirbt. Man wirft ihr vor, die Schätze der Wartburg an die Armen zu verschleudern.

Elisabeth, Landgräfin von Thüringen und über ihre Familie eng mit dem europäischen Hochadel verbunden, lebte, nachdem Heinrich Raspe IV., der jüngere Bruder ihres Mannes, der nach dessen Tod sein Nachfolger wird, sie für unzurechnungsfähig hielt und ihr die Verfügungsgewalt über ihren Besitz entzogen hatte, vom Geiste des Heiligen Franz von Assisi beseelt, eine Zeitlang in einem ehemaligen Schweinestall.

Über ihr Leben zu lesen, über ihr selbst im Rahmen der damals europaweiten Armutsbewegung ungewöhnlich menschlich-soziales Engagement und ihre so glaubwürdige Religiosität wird kaum jemanden unberührt lassen.

Nicht von ungefähr nimmt Richard Wagner in seiner Oper Tannhäuser Elisabeth als die Gestalt, nach der sich Tannhäuser, nachdem er bei der göttlichen Venus nicht die erhoffte Erfüllung seiner Träume hatte finden können, in einer neuen Weise zu lieben verzehrt.

Richard Wagner unterliegt hier keiner falschen Stilisierung; vielmehr weist er auf diese Weise, den Topos von der Heiligen und der Hure berührend, auf ein Kennzeichen der männlichen Seele hin.

Auch eine Elisabeth mag in sich Anteile gehabt haben, wie sie sich in Roswitha von Gandersheims Schaffen spiegeln. Was letztere in ihrem Drama Abraham gestaltet, sind ja Personen, Kräfte, Energien ihres eigenen Inneren. Maria als Hure ist auch ein Teil Roswithas, mit dem sich diese Frau auf diese Weise auseinandersetzt, so wie die weibliche Seite Tannhäusers eine Venus und eine Elisabeth ausmachen.

Die Frage nur, die sich gerade auf dem Hintergrund der Beschäftigung mit diesen Frauen stellt, ist, wie damit umgehen? Die lucida materia oder die turbulenta materia leben? Im Sinne der Sicht Hildegards auf den ersten Schöpfungstag also, Himmel oder Erde leben?

Nehmen wir das Firmamentum als, wie es übersetzt lautet, Stütze, als Stütze also des Himmels, zugleich Himmel und Erde auseinanderdividierend, weshalb es Hildegard so wichtig ist, in uns in Anspruch?

Kein Mensch kann nur den Himmel leben. Das wissen wir alle. Selbst ein großer König und Dichter wie David konnte und wollte einer Bathseba nicht widerstehen. Leonard Cohen hat das Geschehen, mit einem ganz privaten Timbre versehen, auf faszinierende Weise besungen.

Dennoch mutet es erschreckend an, wie bewusstlos sich zunehmend weite Teile der zivilisierten Menschheit ihren inneren Turbulenzen hingeben und sie im Außen veranstalten.

Mag niemand mehr so selbstlos leben, wie diese Frauen, von denen hier die Rede war?
Oder könnte es schlicht damit zusammenhängen, dass einer der gerissensten Verlogenheiten dieser Turbulenzen und unserer Zeit mit dem Wort selbstlos zusammenhängen?

(es folgt abschließend Teil III)

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